Elastische Fugen und ihre Tücken

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Silikonfugen. Von der Ausführung bis hin zur Reinigung können elastische Fugen zum Streitthema auf dem Bau werden. Kommt es zur Schimmelbildung oder reißt die Fuge wird im Regelfall der Fliesenleger bzw. der Verfuger im Rahmen seiner Gewährleistung vom Bauherren zur Mangelbeseitigung aufgefordert. Aber ist es auch seine Schuld? Und wie kann man vorbeugen?

Es heißt nicht umsonst, die Fuge macht´s. Eine Bewegungsfuge dient als Puffer zwischen starren Bauteilen, erfüllt ästhetische und hygienische Anforderungen und spielt im Schallschutz eine wachsende Rolle. Treten hier Schäden auf, findet man die Ursachen meist im bewegten Untergrund, der Fugenausbildung bzw. -dimension oder an der falschen Pflege.

Ursache für abgerissene Fugen

Eine abgelöste oder eingerissene elastische Fugendichtmasse tritt gerne bei schwimmenden Estrichen auf (beheizt/unbeheizt), jedoch überwiegend auf Zementestrichen an der Anschlussfuge zwischen Wand/Sockel und Boden auf. Fast immer beginnt der Vorgang in den Ecken. Woher kommt das?

Setzungen von Estrichen

Bei schwimmenden Estrichen besteht der Aufbau aus einer Lastverteilungsschicht mit einer darunterliegenden Dämmschicht. Diese ist unter Bodenbelägen bzw. unter Estrichen erforderlich, wenn Vorgaben hinsichtlich des Wärmeschutzes und/oder des Schallschutzes gefordert sind.

Für die Dämmschicht stehen verschiedene Materialien mit unterschiedlichen Eigenschaften zur Verfügung. Je nach DIN-Norm und Anwendungsgebiet ist die Zusammendrückbarkeit der Dämmstoffe vorgegeben und darf insgesamt maximal 5 Millimeter betragen.

Randabsenkung mit aufgerissenem elastischenFugendichtstoff
Randabsenkung mit aufgerissenem elastischen
Fugendichtstoff

Reißt die Fugendichtmasse, haben Setzungen und/oder Bewegungen die zulässige Gesamtverformung überschritten. Silikondichtmassen besitzen eine Dauerdehnfähigkeit von bis zu 25 % der Fugenbreite. Bei richtiger Anwendung (siehe Dimensionierung Dreiecksfuge gemäß IVD-Merkblatt Nr. 3: Bild 2) nimmt z.B. eine 1 Zentimeter breite Fuge eine Dehnung von 2,5 Millimeter auf. Dies betrifft auch die Stauchung des Materials. Somit ist entsprechend der zulässigen Verformbarkeit der verwendeten Dichtstoffe, die Fugenbreite ausreichend zu dimensionieren. Bei einer max. Zusammendrückbarkeit des Dämmstoffs von 5 Millimetern wäre dann eine Bewegungsfuge von mindestens 2 Zentimetern erforderlich, um die Bewegung schadensfrei auszugleichen.

HINWEIS:

Was oft nicht berücksichtigt wird sind die Anschlüsse an Sanitärgegenstände, speziell an Bade- und Duschwannen. Die speziellen Schallschutzmaßnahmen werden durch eine hier ungünstig angebrachte Silikonfuge aus akustischer Sicht zunichte gemacht bzw. verschlechtert. Nach einer Untersuchung am Fraunhofer-Institut für Bauphysik kann das 6 Dezibel und mehr bewirken. Als Ursache werden die eingesetzte Art der Fugendichtmasse sowie die Fugenausbildung (z.B. Verzicht auf eine Hinterfüllschnur) aufgeführt.

Belegreife von Estrichen abwarten

Selten ist es möglich, die notwendige Trocknungszeit des Estrichs einzuhalten. Gründe hierfür sind kurzfristige Fertigungsstellungstermine, Verzögerungen der Vorgewerke oder klimatische Bedingungen. Das Überschusswasser, welches nicht für den Abbindeprozess (Hydratation) benötigt wird, muss vor der Verlegung austrocknen. Erst wenn der Estrich seine „Belegreife“ erreicht hat (Zementestrich < 2,0 bzw 1,8 CM %, Anhydritestriche 0,5 bzw. 0,3 CM %) dürfen die Fliesen verlegt werden. Darum ist gerade bei niedrigen Temperaturen der Einsatz schnell erhärtenden und schnell trocknenden Produkten von Vorteil. Übrigens, die Verwendung von „Bautrocknern“ ist insbesondere bei Zementestrichen eher kontraproduktiv, da durch die zu schnelle Trocknung der Estrichoberfläche das „Schüsseln“ noch mehr gefördert wird.

Wird der Keramik- oder Naturwerksteinbelag zu früh auf die noch nicht belegreife Lastverteilungsschicht verlegt, kann es durch starkes Schwinden nach der Verlegung zur Schädigung der gesamten Konstruktion kommen. Der Estrich schüsselt oder wölbt sich dabei auf. Das Ergebnis ist, dass die elastischen Fugen abreißen – damit liegt ein Mangel in optischer sowie nutzungstechnischer Sicht vor.

Fugenarten, Fugenausbildung und -dimensionierung

Die Erstellung eines Fugenplans erfolgt durch den Planer. Darin sind Lage und Dimensionierung der jeweiligen Fuge vorgegeben. Denn nicht vorhandene und/oder falsch angelegte Bewegungsfugen führen oft zu Schäden.

Randfuge
Randfuge

Randfugen

Sie begrenzen die Lastverteilerschicht sowie den Oberbelag zu allen aufgehenden Bauteilen (z.B. Wände, Stützen etc.). Die Fugenbreite sollte mindestens 5 Millimeter betragen. Bei Untergründen auf Dämmung ergibt sich eine Mindestfugenbreite von 8 Millimeter. Bei Fußbodenheizungen sind teilweise auch 10 Millimeter notwendig.  Bei der Ausbildung der Fuge an aufgehenden Bauteilen (alle Arten von elastischen Dichtstoffen) ist die richtige Fugendimensionierung, die Vermeidung einer „Dreiflankenhaftung“ wichtig. Bei Wand- und Bodenanschlüssen im Dünnbett kann auch eine Dreiecksfuge ausgebildet werden.

Anschlussfugen

Das sind Fugen, die zwischen dem Belag und anderen Materialien, angrenzenden Bauteilen oder Einbauten angeordnet werde

Badewanne Wandanschluss
Badewanne Wandanschluss

n. Sie sind auf die anliegenden Werkstoffe abzustimmen (z.B. Anschluss an Fenster). Die Fugenbreite beträgt hier mindestens 5 Millimeter.

Belagsdehnfugen

Von ihnen spricht man, wenn die Fugen nur im Beleg einschließlich dem Verlegebett angeordnet werden.

Feldbegrenzungsfugen

Sind durch die gesamte Estrichkonstruktion bis zum Oberbelag herzustellen. Die Breite richtet sich nach der Feldgröße, aber auch nach den thermischen Belastungen und kann entsprechend errechnet werden (siehe ZDB Merkblatt „Bewegungsfugen“). Im Innenbereich beträgt diese eine Breite von 4 – 10 Millimetern, im Außenbereich aufgrund der höheren thermischen Belastung meist deutlich mehr. Gegebenenfalls müssen die Feldgrößen verringert werden.

Gebäudetrennfugen

Gehen durch alle tragenden und nicht tragenden Bauteile des Gebäudes. Sie müssen deckungsgleich sowie in gleicher Breite bis zum Oberbelag übernommen werden.

Scheinfugen

Die Scheinfugen werden in Lastverteilerschichten bei der Verlegung als Sollbruchstelle angelegt, um Spannungen während des Abbindeprozesses abzubauen. Diese werden nach Erreichen der Belegereife kraftschlüssig geschlossen.

Schäden durch Mikroorganismen

Die in der Luft vorhandenen Schimmelpilze, wachsen unter feucht-warmen Bedingungen vorzugsweise auf Silikonfugen. Hier finden sie den perfekten Nährboden:

  • Hohe Feuchtigkeit, geringe Luftzirkulation (z.B. in der Dusche)
  • ideale Wärme
  • Körper- und Haarpflegemittel, Hautschuppen, Haare, Seifen usw.
  • die zum Einsatz kommende Reinigungsmittel

Hinzu kommt, dass aggressive Reinigungsmittel und das mechanische Reinigen die Oberfläche des Silikons aufrauen. Die Folge ist eine erhöhte Anhaftung von Schmutz und Sporen in Form von Flecken auf den Fugen. Der Einsatz von Wasserstoffperoxid oder chlorhaltigen Reinigern ist eine verbreitete Maßnahme, jedoch meist nur von kurzer Dauer. Denn oft haben sich die Sporen bereits tief verwurzelt. Somit bleibt oft nur noch die Entfernung der Fuge übrig. Vor Einbringen der neuen Silikonfuge ist der Untergrund mit genannten Reinigern penibel zu säubern. Aber Vorsicht, Verarbeitungshinweise und Schutzausrüstung beachten.

Bewährt hat sich gerade in belasteten Bereichen (z.B. Großküche, Reihenduschanlagen) der Einbau eines geeigneten Schnittschutzbands, um bei häufigem Austausch die darunter befindliche Abdichtung nicht zu beschädigen (siehe auch DIN 18534 Teil 1).

Ausblühungen auf Silikonfugen

Reaktion zw. Acetat vernetzendem Silikon und der alkalischen Fuge aufgrund von zu früher elastischer Verfugung.
Reaktion zw. Acetat vernetzendem Silikon und der alkalischen Fuge aufgrund von zu früher elastischer Verfugung.

Im Anschlussbereich von zementären Fugen zu Silikonfugen werden immer wieder weiße, fluffige Ausblühungen beanstandet. Die Ursache liegt hier in der zu frühen Ausführung der Silikonfugen. Hierbei handelt es sich um eine Reaktion von Acetat (Essigsäure) aus dem frisch aufgebrachten Silikon und dem noch feuchten Zement (alkalisch) aus der Fuge. Diese Ausblühungen treten durch die längere Trocknungszeit unter dem Belag verstärkt bei Großformaten auf. Ein Entfernen der frischen Ausblühungen ist durch Abkehren bzw. Abspülen mit heißem Wasser in der Regel leicht möglich. Durch Verwendung von neutral vernetzendem Silikon kann dieses Phänomen umgangen werden.

Welche Silikone verwenden

Die meisten Silikonfugenprodukte am Markt sind bereits fungizid. D.h. die eingesetzten Wirkstoffe töten Pilze und Sporen ab bzw. verhindern deren Wachstum. Diese Zusätze bauen sich jedoch im Laufe der Zeit ab. Auf präventiven Maßnahmen zur Verhinderung der Schimmelpilzbildung kann somit nicht verzichtet werden.

Weiterhin sollte darauf geachtet werden, nur oximfreie Silikone zu verwenden. Oxim ist als krebsverdächtig eingestuft und wird beim Abbindeprozess in erheblichen Mengen freigesetzt. Noch Tage nach dem Verarbeiten sind die Werte in der Raumluft messbar. Daher müssen oximhaltige Produkte ab einer Konzentration von 0,1 Prozent seit 2015 gekennzeichnet sein.

9 Tipps für eine lang anhaltende elastische Fuge:

  1.  Eine ausreichend steife Dämmschicht verwenden
  2. Erst auf belegreife Estriche verlegen
  3. Fugenausbildung fachgerecht und ausreichend dimensioniert ausführen
  4. Elastische Fugen so spät wie möglich ausführen (Bauherren vorab informieren)
  5. Korrekte Verfugung: Feuchtigkeit und Wasser sollten Ablaufen können
  6. Reinigung: keine sauren, aggressiven Reiniger verwenden (z.B. codex Pure Reinigungssortiment)
  7. Trocknen: nach jedem Duschen/Baden die Fugen klar abspülen und trocken wischen
  8. Ausreichend Lüften, jedoch keine Dauerbelüftung der feuchten Räume
  9. Frühen Schimmelbefall sofort mit chlorhaltigen Reinigern entfernen

    Schnittschutzband SB 60 zur Sicherungder darunterliegenden Abdichtung.
    Schnittschutzband SB 60 zur Sicherung
    der darunterliegenden Abdichtung.

Fazit

Grundsätzlich gilt, Silikonfugen sind Wartungsfugen. Da diese meist starken chemischen und/oder physikalischen Einflüssen ausgesetzt sind. Nach DIN 52 460 sind Wartungsfugen daher regelmäßig zu überprüfen und ggf. zu erneuern, um Folgeschäden zu vermeiden. Physikalisch, mechanisch oder chemisch herbeigeführte Mängel sind bei der Leistungserbringung durch den Handwerker meist nicht zu verhindern. Daher sollten Wartungsfugen immer gesondert und schriftlich mit dem Auftraggeber vereinbart werden.

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