In den Bauordnungen der Bundesländer ist im § 13 beschrieben, dass Bauwerke und Bauteile so zu planen und auszuführen sind, dass durch Wasser oder Feuchtigkeit keine Schäden oder unzumutbare Belästigungen entstehen. Das bedeutet, dass die Bausubstanz durch geeignete Abdichtungsmaßnahmen zu schützen ist.
Keramische Fliesen und Platten haben sich seit vielen Jahrhunderten an Wand und Boden bestens bewährt und sind nicht mehr wegzudenken. Speziell in sogenannten Nassräumen wie Schwimmbädern, Wellnessanlagen, Produktionsstätten für den Lebensmittelbereich bis hin zum wohnhäuslichen Bad, hat sich der keramische Baustoff (Fliesen und Platten) bestens bewährt. Er ist nach wie vor einer der widerstandsfähigsten Belägen bei der Oberflächengestaltung und besonders unverwüstlich, dank der stofflichen Neutralität bei der Einwirkung aggressiver Medien.
Der keramische Belag plus Verfugung bildet eine geschlossene Oberfläche. Allerdings ersetzen auch beide zusammen nicht die nötige abdichtende Maßnahme, da die Fugenfüllung nicht als wasserdicht definiert ist. Fliese und Fuge sind immer als wasserdurchlässig zu bewerten. Daher hat sich bei Flächen mit extremer Feuchtigkeitsbelastung die Kombination von keramischen Belägen und Fugen in Verbindung mit den sog. Verbundabdichtungen über viele Jahrzehnte in der Praxis bewährt. Denn Zusammen mit der Verfugung bilden sie eine geschlossene Oberfläche.
Die eingesetzten Fliesenverbundabdichtungen, welche zum Beispiel auf der Estrichoberfläche appliziert werden, bilden mit der folgenden, im Dünnbett verlegten Fliese, eine Systemeinheit. Diese wurden in der DIN 18195 sowie verschiedenen Merkblättern des ZDB, BEB oder des Steinmetzverbandes bisher beschrieben.
Komplex alt wird strukturiert neu
Nun wurde die Abdichtungsnorm DIN 18195 komplett überholt. Die dafür neu beschlossenen fünf anwendungsbereichsbezogene Nachfolgenormen (DIN 18531, DIN 18532, DIN 18533, DIN 18534 und DIN 18535) lösen seit dem 01.07.2017 die alte fast komplett ab – inklusiver aller Vor- und Nachteile.
Eigentlich sollte es eine Normalität darstellen, insbesondere bei bewohnten Gebäuden und Räumen vor den Negativfolgen von Wasser, wie beispielsweise Schimmelbefall, Ausblühungen und ungesundes Wohnklima usw. zu bewahren.
Eine verständlichere und übersichtlichere Richtlinie unterstützt bei der praktischen Umsetzung geplanter Vorhaben.
Denn in der Praxis ist das noch lange nicht selbstverständlich. Über die Hälfte aller Bauschäden sind auf die Gewerke Bauwerksabdichtung sowie Wärme- und Feuchtigkeitsschutz zurückzuführen.
Die Neugestaltung aller Normteile, die das Gebäude hinsichtlich der abzudichtenden Bauteile beschreiben, lassen sich an dem abgebildeten Gebäudeschnitt erläutern:
Das Normenwerk
Das umfangreiche neue Normenwerk wurde erstellt, um die DIN 18195 nach nunmehr 34 Jahren abzulösen, da sich auch die technischen Entwicklungen rasant weiter entwickelt haben. Entscheidend für das Gewerk Fliesen und Platten ist, dass die Verbundabdichtungen mit der Einarbeitung in dieses Normenwerk den Status einer Normabdichtung erhalten haben. Das wird zukünftig sowohl die Planung als auch die Ausführung erleichtern!
Denn im neuen Regelwerk ist für den Fliesenleger ein sehr wichtiger Punkt geregelt:
Waren die Verbundabdichtungen bisher nur eine alternative Abdichtung und keine „richtige Abdichtung“, erteilt die DIN 18534 (ein Teil des neuen Normenwerks) der Abdichtung im Verbund (AIV) jetzt offiziell den Status „Allgemein anerkannte Regeln der Technik“. Zuvor gab es oft Diskussionen speziell am Beispiel Gewerbeobjekte, ob nicht doch eine „richtige Abdichtung“ zusätzlich hergestellt werden soll/muss.
Die Struktur der Nachfolgenormen der DIN 18195 sieht wie folgt aus:
Anwendungsbeispiele nach DIN 18534 Teil 3 Feuchtigkeits-Beanspruchungsklassen wurden nun zu Wasser- Einwirkungsklassen (W0-I bis W3-I, I = Innen)
Die neue DIN 18534 – Innenraumabdichtung
Mit der DIN 18534, als für uns wichtigster Teil des Normenwerks, ist der riesen Vorteil entstanden, dass die Fliesenverbundabdichtstoffe, mit welchen der Fliesenleger heute üblicherweise schon arbeitet, zu offiziellen DIN Abdichtsystemen ernannt wurden. Des Weiteren sind hier große parallelen zum ZDB-Merkblatt „Abdichtung im Verbund unter keramischen Fliesen und Platten“ gegeben, was das allgemeine Verständnis sehr einfach macht.
Die beschriebenen Stoffe sind nach der DIN 18534 Teil 3 (AIV-F Abdichtung mit flüssig zu verarbeitenden Stoffen) die gleichen bekannten Stoffe, wie im ZDB-Merkblatt:
a. Polymerdispersionen (Polymerdispersionen sind beim Abdichtprozess in
unterschiedlichen Farben aufzutragen)
b. Rissüberbrückende mineralische Dichtungsschlämme
c. Reaktionsharz
Auch die Mindesttrockenschichtdicken (sofern in der ETA oder abP keine größeren Werte verlangt sind ) bleiben wie gehabt:
- bei Polymerdispersion mind. 0,5 mm (Polymerdispersionen sind beim Abdichtprozess in unterschiedlichen Farben aufzutragen)
- bei mineralischen Dichtschlämmen (CM) mind. 2,0 mm
- bei Reaktionsharz mind. 1,0 mm
Richtige Kontrolle der Schichtdicken
Diese Mindesttrockenschichtdicken werden durch einen Dickenzuschlag beim Auftrag der nassen Abdichtungsschicht (i.d.R. 25 %) erreicht, somit wird die geforderte Nenntrockenschichtdicke sichergestellt. Der Hersteller muss die für die Nenntrockenschichtdicke erforderlichen Verbrauchsmengen pro Quadratmeter bzw. den Dickenzuschlag angeben.
Die Schichtdickenkontrolle erfolgt durch die Verbrauchsmengenkontrolle und die Nassschichtdickenkontrollen. Dazu erfolgt der Auftrag der Abdichtungsschichten in mindestens zwei Schichten.
Bei der Wasserbeanspruchungsklasse W3-I muss die Schichtdicke noch entsprechend dokumentiert werden. Für eine Bestätigungsprüfung bei mineralischen Dichtschlämmen (CM) bzw. bei Reaktionsharz (RM) kann bei „begründeten Fällen“ auch der Nachweis von der Schichtdicke an der erhärteten Schicht erforderlich sein. Hierzu sind die Messstellen wie folgt festgelegt:
- 5 Stellen/20 qm
- 10 Stellen/100 qm bei größeren Flächen
- die Prüfstellen sind unverzüglich fachgerecht zu schließen
Kontrolle mit codex Nassschichtdickenmesser
Im folgenden ein Überblich der wichtigsten Punkte zur neuen Norm DIN 18534 Teil 3.
Fazit
Die Weißdrucke wurden nun als „Gesamtpaket“ mit Ausgabedatum Juli 2017 veröffentlicht. Die DIN 18195 wird zum selben Zeitpunkt komplett zurückgezogen und lediglich ein kleiner Rest bleibt als Begriffsnorm bestehen. Somit sind die neuen Abdichtungsnormen seit Juli 2017 gültig.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass durch den einheitlich strukturierten Aufbau das Ziel erreicht wurde, anwenderfreundliche, aufeinander abgestimmte, durchgängige Nachfolgenormen zu schaffen. Der Planer und Architekt findet sich in den neuen Normen wesentlich schneller zurecht, als in der komplexen alten DIN 18195. Ein sehr wichtiger Aspekt ist die nun vorhandene Rechtssicherheit für den Fliesenleger, da bei den Abdichtungen nach Norm und somit nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik gearbeitet werden kann.
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Joachim Fülle | Leiter Anwendungstechnik & Produktmanagement
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