Kurze Trocknungszeiten von mineralischen Estrichen
Schnelligkeit ist heute mehr gefragt denn je. Und da macht der Trend zur Optimierung von Arbeitsabläufen auch keinen Halt vor der Baustellen. Das Ergebnis ist, dass die immer kürzer werdenden Bauzeiten schnell trocknende Produkte verlangen, die einen zügigen Bauablauf ermöglichen. Bei mineralischen Estrichen ist das ein Problem, da zur Verarbeitung eine gewisse Wassermenge (Anmachwasser) erforderlich ist. Der damit unvermeidliche Wassereintrag ins Gebäude sowie die teilweise langen Trocknungszeiten werden von den Planern jedoch als kritisch angesehen.
Dieser kritisch betrachtete Wassereintrag hängt jedoch von der Art des Estrichmörtels ab und ist daher ganz unterschiedlich, so dass bei einer geeigneten Produktauswahl die Bedenken ausgeräumt werden können. Hier kommen dann meist die sogenannten „Schnellestriche“ zum Einsatz. Dies ist jedoch kein genormter Begriff, auch liegt keine einheitliche Sprachregelung oder Vereinbarung dazu vor, was sich hinter dieser Bezeichnung verbirgt.
Fragt einer unserer Kunden oder ein Planer nach einem Schnellestrich, empfehlen wir ihm die Verwendung eines für seine Anforderung geeigneten Schnellzementbindemittels (zum Beispiel UZIN SC 980) zur Herstellung des benötigten Schnellestrichs. Oft werden wir dann mit der Aussage konfrontiert, dass der Einsatz eines „Beschleunigers“ in Verbindung mit Normzement für die vorliegende Anwendung viel kostengünstiger sei. Über die Wirksamkeit und die Zuverlässigkeit von Beschleunigern wird seit vielen Jahren oft und kontrovers diskutiert. Um diese in der Regel unergiebigen und eher emotional geprägten Diskussionen in der Beratung unserer Kunden zu vermeiden, haben wir uns firmenintern auf eine, wie wir meinen, schlüssige und nachvollziehbare Argumentation verständigt.
Nachfolgende Gegenüberstellung soll dem Verleger bei der Beratung entsprechende Argumente liefern:
Diese Argumentationsliste hilft unserer Erfahrung nach, um strittige Diskussionen über Schnellzementestriche bzw. beschleunigte Estriche erkennbar zu entschärfen. Sie kann darüber hinaus dem Verarbeiter helfen, die charakteristischen Eigenschaften von Schnellzementestrichen gegenüber seinem Auftraggeber oder dem Planer deutlich nachvollziehbar zu vertreten. Als Folge steigt erkennbar die Bereitschaft, die zweifellos höheren Kosten für einen Schnellzementestrich anstelle eines beschleunigten Estrichs zu akzeptieren.
Weiterhin hat sich auch das TKB-Merkblatt 14 in der Beratungspraxis gerade bei Planern als sehr hilfreich erwiesen. Gleichzeitig zeigte sich, dass sich manche Baupraktiker eine griffigere Beschreibung der Auswirkungen der unterschiedlichen Estrichmörtel auf die Baupraxis wünschten.
TKB Merkblatt klärt auf
Trocknung bedeutet immer den Feuchteübergang vom Estrichmörtel in die Raumluft und anschließend über die (ausreichende) Lüftung in die Außenluft. Für jeden Interessierten ist dabei sofort einleuchtend, dass ein Estrich, der wenig Überschusswasser aufweist, als günstiger angesehen wird – zumindest für Skeptiker gegenüber Nassestrichen. Normalzementestrichmörtel werden mit CEM-I- oder CEM-II-Zementen hergestellt. Der Wasserbedarf für deren Hydratation wird dabei erfahrungsgemäß auf ca. 25 % (w/z-Wert von 0,25) abgeschätzt. Der darüber hinaus gehende Wasserzusatz muss durch physikalische Trocknung wieder entweichen. Estrichzusatzmittel (EZM) greifen üblicherweise nicht in die Zementhydratation ein, so dass bei den sogenannten „beschleunigten“ Zementestrichen der über den w/z-Wert von 0,25 hinausgehende Wassergehalt ebenfalls physikalisch trocknen muss. Der Wasserbedarf zur Hydratation von Schnellzementen vom Typ SZ-T entspricht etwa einem w/z-Wert von 0,4 (Tabelle 2).
Das Wissen um diese Unterschiede ist allerdings insbesondere bei Planern häufig nicht im eigentlich wünschenswerten Umfang vorhanden. Um hier Abhilfe zu schaffen, wurde bereits 2014 mit dem TKB-Merkblatt 14 eine Unterlage zur Klassifizierung von Zementestrichen erarbeitet. Das TKB-Merkblatt 14 unterscheidet zwischen Normalzement-Estrichen, Normalzement-Estrichen mit Estrichzusatzmitteln (EZM) und Schnellzement-Estrichen (SZ-T und SZ-B). Die besagten „beschleunigten“ Estriche werden durch die Klasse der Normalzement-Estriche mit EZM erfasst.
Übertragung der Trocknung auf die Baupraxis
Anhand der aufgeführten Daten für die Hydratation wurden für einen Zement-Estrichmörtel mit UZIN AS 51 Express als Zusatzmittel und einen Schnellzementestrichmörtel mit UZIN SC 980 (SZ-T-Typ) das resultierende Überschusswasser abgeschätzt und in Abb. 2 dargestellt. Zusätzlich zu den zementären Estrichmörteln wurde ein baustellengängiger Calciumsulfatfließestrich in den Vergleich miteinbezogen (Die technischen Angaben wurden anwendungsgerecht übertragen).
Ausgehend von einem Mischungsverhältnis Zement : Zuschlag von 1 : 6 für die Zementestriche und einer 5-Zentimenter-Estrichdicke ergeben sich in Verbindung mit den aufgeführten w/z-Werten die in Tab. 1 aufgeführten Werte für:
- Wasserbindevermögen des Estrichmörtels durch Hydratation
- Wassergehalt pro Mischung in der Estrichpumpe und
- Überschusswassergehalt pro Quadratmeter Estrichfläche
Um die Bedeutung dieser Zahlen für die Baupraxis zu veranschaulichen, sind sie zusammen mit den erfahrungsgemäß zu erwartenden Trocknungszeiten bei günstigen Klimabedingungen (20 °C/65 % relativer Feuchte) dargestellt. Bei üblichen Baustellenbedingungen, z. B. 10 °C/80 % relativer Feuchte ist bei Estrichmörteln mit Normalzement- und Calciumsulfat als Bindemittel mit erheblich längeren Trocknungszeiten zu rechnen. Die Trocknungszeiten von Estrichmörteln mit ternären Schnellzementen werden dagegen von den ungünstigen Klimabedingungen nur unwesentlich beeinflusst.
Vergleich der Hydratation von verschiedenen Estrichen und der daraus resultierende Wassereintrag in die Bausubstanz. (MV 1 : 6, Estrichdicke 50 mm)
Zusammenfassung
Vorbehalte von Baubeteiligten gegen das Einbringen von Feuchtigkeit ins Gebäude über Nassestriche lassen sich kaum beseitigen. Allerdings lassen sich die Folgen des Feuchteeintrags durch unterschiedliche Arten von mineralischen Estrichen nachvollziehbar und anschaulich darstellen. Somit ist es möglich, Diskussionen zu versachlichen und die Erwartungen mit den Ergebnissen auf der Baustelle zu vereinigen. Ärger und unangenehme Streitereien lassen sich somit durch eine fundierte und seriöse Beratung in der Planungsphase zuverlässig vermeiden.
Joachim Fülle – codex Anwendungstechnik & Produktmanagement